201511.17
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BGH Urteil vom 19.08.2015, Az.: 1 StR 334/15 zur Schadensermittlung beim Betrug

Mit Urteil vom 19. August 2015 hat der Bundesgerichtshof zur Frage der Schadensfeststellung beim Betrug im Wege einer Gesamtsaldierung Stellung genommen.

Das Landgericht hatte den Angeklagten unter anderem wegen Betruges in 6 Fällen, in 2 Fällen davon in Tateinheit mit Untreue, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Dabei hatte das Landgericht dargelegt, dass für die Schadensberechnung im Falle einer Abtretung der Wert der abgetretenen Forderungen im Zeitpunkt der Abtretung entscheidend sei. Der Bundesgerichtshof nahm diese Entscheidung zum Anlass, noch einmal deutlich zu machen, dass ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB nur eintritt, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwert seines Vermögens führt (Prinzip der Gesamtsaldierung).

Der Senat wirft der Strafkammer dabei vor, zu Unrecht Grundkaufpreise abgetretener Forderungen als Schaden angesetzt zu haben, da sie auf eine typisierte Durchschnittsbetrachtung zurückgeführt wurden und deshalb schon keine geeignete Basis für die Schadensbestimmung im Sinne des § 263 StGB darstellten. Die verfahrensgegenständlichen Factoringverträge seien auch keine Verträge, in denen die Vertragsparteien in einem von Angebot und Nachfrage bestimmten marktwirtschaftlichen System den Wert eines häufig verkauften oder gehandelten Gegenstands festsetzten und die Strafkammer deshalb bei der Darlegung des Schadens auf nähere Ausführungen hätte verzichten können.

Das Landgericht hätte deshalb den wirtschaftlichen Wert der Forderungsabtretung ermitteln müssen. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass dies sowohl im Wege der Schätzung, als auch mit sachverständiger Hilfe möglich gewesen wäre.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs macht deutlich, wie schwierig die Feststellung eines Vermögensschadens bei komplexen Austauschverträgen sein kann. Hier bieten sich für die Verteidigung immer wieder Ansätze, die genutzt werden sollten.