201501.29
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AG Gummersbach vom 15.10.2014, Az.: 81 Ds 922 Js 2198/14-326/14, zur Frage, wie sorgsam die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung ermitteln muss

Das Amtsgericht Gummersbach hat in seinem Beschluss vom 15.10.2014 entschieden, dass im Rahmen des Zwischenverfahrens keine umfangreichen Ermittlungen vorzunehmen sind, durch die der hinreichende Tatverdacht erst begründet wird.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Angeklagte befuhr mit seinem Kraftfahrzeug auf der linken Spur mit ca. 160 km/h eine Bundesautobahn. Er ließ sich dahingehend ein, dass wenig Verkehr geherrscht habe und die Straße frei einsehbar gewesen sei. Er sei darüber hinaus nicht abgelenkt gewesen. In einer lang gezogenen Rechtskurve habe er bemerkt, dass der Verkehr auf der rechten Spur gestoppt habe, woraufhin auch er, obwohl die linke Spur frei war, seine Geschwindigkeit verlangsamt habe. In dieser Situation sei ein Kraftfahrzeug von der rechten Spur, aus dem Stand und deshalb sehr langsam, in sehr geringem Abstand zum Angeschuldigten, auf die linke Fahrspur gewechselt. Der Angeschuldigte habe daraufhin eine Vollbremsung eingeleitet, den Zusammenstoß mit dem Fahrzeug allerdings nicht mehr verhindern können.

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung erhoben. In der Anklage hieß es, der Angeschuldigte sei unachtsam gewesen. In einer weiteren Stellungnahme der Staatsanwaltschaft heißt es dann, der Angeschuldigte sei mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren.

Das Amtsgericht Gummersbach hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, da der Angeschuldigte einer Straftat nicht hinreichend verdächtig sei. In erfreulicher Deutlichkeit führt das Amtsgericht aus, dass die Staatsanwaltschaft einen nicht ausermittelten Sachverhalt angeklagt haben. Trotz Hinweisen des Gerichts, dass eine Nachvernehmung der Zeugen erforderlich sei, habe diese nicht stattgefunden. Das Gericht führt sodann aus, dass es nicht seine Aufgabe sei, umfangreiche weitere Ermittlungen vorzunehmen, die von Seiten der Staatsanwaltschaft vernachlässigt wurden. Das Gericht sei nicht „Libero der Anklagebehörde“.

Die Entscheidung ist vollumfänglich zu begrüßen. Zum einen liegt sie auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung zu der Frage, in welchem Umfang das Gericht im Zwischenverfahren eigenständige Ermittlungen anstreben kann und muss. Zum anderen ist gerade im Bereich der fahrlässigen Straßenverkehrsdelikte immer wieder festzustellen, dass Anklagen erhoben werden, ohne dass der tatsächliche Sorgfaltspflichtverstoß hinreichend konkretisiert wird. Insbesondere im Bereich des § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB werden die grobe Verkehrsfähigkeit und die Rücksichtslosigkeit ohne weitere Konkretisierungen behauptet. Dies kann für die Betroffenen schon aufgrund von § 111a StPO zu erheblichen Konsequenzen führen.
Es ist darüber hinaus sehr erfreulich festzustellen, dass es nach wie vor Richter gibt, die der ihr zugewiesenen Aufgabe im Zwischenverfahren nachkommen und nicht „blind“ alles eröffnen, was ihnen von Seiten der Staatsanwaltschaften vorgelegt wird.