201501.15
0

OLG Hamm Beschluss vom 02. September 2014, Az. 1 Ws 259/14 zur Statthaftigkeit einer Beschwerde und zur Zuständigkeit nach § 111i Abs. 2 bis 4

Mit seinem Beschluss vom 02. September 2014 hat sich das OLG Hamm zunächst zur Frage der Statthaftigkeit einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen eine Entscheidung einer Rechtspflegerin des Landgerichts Dortmund und anschließend, obiter dictum, zur Zuständigkeit für Entscheidungen nach § 111g im Anschluss an eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 bis 4 StPO geäußert.

Das Landgericht hatte die Angeklagten wegen Betruges verurteilt, vom Verfall des Wertersatzes in Höhe von 292.398,00 EUR allerdings abgesehen, da Ansprüche von Verletzten nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstanden. Stattdessen hat es im Beschlusswege nach § 111i Abs. 3 StPO die insoweit ergangenen Arrestbeschlüsse für drei Jahre aufrechterhalten.
Die daraufhin mit der Sache befasste Rechtspflegerin erklärte sich bezüglich des weiteren Vollzugs des Arrestes für unzuständig und gab die Sache nach § 31 RPflG an den Rechtspfleger der Staatsanwaltschaft Dortmund zur weiteren Veranlassung ab. Eine Zuständigkeit des Gerichts bestehe nicht, da die Vollstreckungskompetenz mit Rechtskraft uneingeschränkt auf die Staatsanwaltschaft übergegangen sei.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Staatsanwaltschaft die Aufhebung dieser Entscheidung. Das Gericht habe sich zu Unrecht für unzuständig erklärt, da nach einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 und 3 die Vollziehung des Arrestes dem Gericht obliege.

Das OLG entschied, dass die Beschwerde mangels Statthaftigkeit bereits unzulässig sei. Zwar sei die Beschwerde gegen alle von den Gerichten im ersten Rechtszug oder im Berufungsverfahren erlassenen Beschlüsse und gegen die Verfügungen des Vorsitzenden, des Richters im Vorverfahren und eines beauftragten oder ersuchten Richters zulässig, soweit das Gesetz sie nicht ausdrücklich einer Anfechtung entzieht. Notwendig sei dabei aber stets, dass es sich um eine wirkliche Entscheidung handelt, die einen Regelungsgehalt aufweist und in diesem Sinne gestaltend auf den Verfahrensgang, auf Verfahrensrechte oder sonst auf die Rechtsstellung einer Person einwirkt.

Der angefochtene Beschluss weise indes keinen Regelungsgehalt auf. Es werde lediglich abstrakt festgestellt, dass eine Zuständigkeit der Rechtspflegerin nicht bestehe und das Verfahren an die Staatsanwaltschaft abgegeben werde. Über konkrete Anträge etwaiger Gläubiger wurde dabei nicht entschieden. Allein der Umstand, dass das Landgericht das Verfahren durch den angefochtenen Beschluss abgeben wolle, vermöge keinen Regelungsgehalt zu begründen, da die angefochtene Entscheidung mangels entsprechender gesetzlicher Regelung keine Bindungswirkung habe. Der angefochtene Beschluss gehe deshalb in seinem Gestaltungsakt nicht über eine etwaige, formloser Abgabe, an die Staatsanwaltschaft hinaus, die angesichts des mangelnden Willens zur Übernahme ohne das Erfordernis eines Rechtsbehelfs zur schlichten Rücksendung der Akten befugt gewesen wäre.

Im Übrigen wies das Gericht darauf hin, dass mit der Anordnung der Aufrechterhaltung des Arrestes nach § 111i Abs. 2 und 3 StPO die Vollziehung des Arrestes und der damit einhergehenden Maßnahmen dem Gericht obliege. Im Anschluss an das OLG Stuttgart tendiere der Senat zudem dahin, dass im Stadium des § 111i Abs. 2 bis 4 StPO das ab Erhebung der Anklage mit der Sache befasste Gericht auch nach Rechtskraft für die Entscheidung über Zulassungsanträge nach § 111g  Abs. 2 Satz 1 StPO zuständig bleibe und eine Zuständigkeit des Ermittlungsrichters nicht bestehe. Der Senat begründet seine Auffassung damit, dass dem mit der Sache befassten Gericht bei der Vorbereitung des staatlichen Auffangrechtserwerbs eine zentrale Stelle zukomme, es insbesondere auch dafür zuständig sei, den Verletzten die Anordnungen nach § 111i Abs. 3 StPO und den Eintritt der Rechtskraft mitzuteilen. Sowohl Wortlaut, Entstehungsgeschichte als auch Regelungskonzeption sprächen darüber hinaus dafür, dass das Wort „Gericht“ in § 111i Abs. 2 bis 4 StPO jeweils dieselbe inhaltliche Bedeutung habe und in all diesen Fällen das nach Anklageerhebung mit der Sache befasste Gericht gemeint sei. Die allgemeinere Vorschrift des § 162 Abs. 3 StPO werde ich hierdurch verdrängt.

Die Entscheidung des OLG Hamm ist insbesondere in Bezug auf die Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Zulassungsantrag nach § 111g nach Rechtskraft des Urteils und der Aufrechterhaltung des Arrests nach § 111 I Abs. 2 und 3 StPO interessant. Die bis dahin wohl herrschende Meinung ging davon aus, dass aufgrund von § 162 Abs. 3 StPO die Zuständigkeit beim Ermittlungsrichter liege, vgl. etwa Johann in Löwe-Rosenberg § 111g, 16 m.w.N. Es bleibt nun abzuwarten, wie sich weitere Oberlandesgerichte zu dieser Frage positionieren.