201501.12
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AG Emmendingen, Urteil vom 08.07.2014, Az.: 5 Cs 350 Js 30429/13 zur Frage, ob eine ausdrucksstarke Wortwahl eine Beleidigung darstellt

Das Amtsgericht Emmendingen hat in seinem Urteil vom 08.07.2014, Az.: 5 Cs 350 Js 30429/13 entschieden, dass die Aussage: „Das ist doch Korinthenkackerei!“ von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit geschützt ist.

Der Entscheidung des Amtsgerichts lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Strafbefehl vom 22.11.2013 war dem Angeklagten eine Beleidigung zur Last gelegt worden. Er soll einen Gemeindevollzugsbeamten, der ihm wegen Falschparkens eine Verwarnung aushändigte, mit der Bezeichnung „Korinthenkacker“ belegt haben, um diesen dadurch in seiner Ehre zu verletzten. Der Gemeindevollzugsbeamte und seine Dienstvorgesetzte hatten daraufhin Strafantrag gestellt.

Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen freigesprochen. Der Angeklagte ließ sich dahin ein, dass er zwar 20-30 Sekunden lang auf einer schraffierten Fläche geparkt habe, um in einer gegenüberliegenden Bank zwei Überweisungen abzugeben. Als er zum Fahrzeug zurückkam, sei der Gemeindevollzugsbeamte gerade dabei gewesen, eine Verwarnung an der Scheibe des PKW des Angeklagten anzubringen. Der Angeklagte habe ihn daraufhin gebeten, ein Auge zuzudrücken, was der Gemeindevollzugsbeamte mit den Worten, wer so ein Auto fahre, könne auch einen Strafzettel bezahlen, ablehnte. Darüber habe er sich so geärgert, dass er „Das ist doch Korinthenkackerei!“, gesagt habe.

Der Gemeindevollzugsbeamte schilderte den Vorfall wie folgt: Er habe den Angeklagten freundlich auf die Berechtigung der kostenpflichtigen Verwarnung hingewiesen. Die Bemerkung hinsichtlich der Hochpreisigkeit des vom Angeklagten gefahrenen PKWs sei nicht gefallen. Der Angeklagte habe daraufhin zu ihm gesagt, er werde ihm schon zeigen, was Menschlichkeit sei. Er werde in seine Praxis gehen und eine Email schreiben an seine Kollegen, damit er von keinem Arzt mehr behandelt werde. Als der Gemeindevollzugsbeamte daraufhin den Tatort verließ, habe der Angeklagte ihm nachgerufen: „Wissen Sie, was Sie sind? Sie sind ein Korinthenkacker!“.

Das Amtsgericht stellte in seiner Entscheidung darauf ab, dass aufgrund der widersprüchlichen Aussagen des Gemeindevollzugsbeamten Aussage gegen Aussage stehe und deshalb nach dem Zweifelsgrundsatz zugunsten des Angeklagten davon auszugehen sei, dass dieser lediglich gesagt habe: „Das ist doch Korinthenkackerei!“.

Diese Äußerung im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, d.h. im sogenannten „Kampf ums Recht“, sei legitim. Sie war ausschließlich an den Gemeindevollzugsbeamten gerichtet, ohne dass sie nicht am Verfahren beteiligten Personen zur Kenntnis gelangen konnte. Es sei dem Angeklagten in dieser Situation zur plastischen Darstellung seiner Position grundsätzlich erlaubt, auch starke und eindringliche Ausdrücke zu benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen. Dabei müsse er nicht jedes Wort in die Waagschale legen. Dass er seine Kritik auch anders hätte formulieren können, ist unerheblich, da auch die Form der Meinungsäußerung grundsätzlich durch Artikel 5 Absatz 1 Grundgesetz geschützt sei.

Im Ergebnis ist die Entscheidung des Amtsgerichts zu begrüßen. Das Amtsgericht hatte aufgrund der Zeugenaussage des Gemeindevollzugsbeamten, der sich an wesentliche Details des Geschehens auf Befragen in der Hauptverhandlung nicht mehr erinnern konnte, keine andere Möglichkeit, als den Angeklagten freizusprechen. Das Amtsgericht stellt in erfreulicher Klarheit fest, dass auch starke und eindringliche Ausdrücke benutzt werden dürfen, um die eigene Rechtsposition zu unterstreichen. Der Tendenz einiger Strafverfolger, sämtliche Äußerungen, die über das übliche Maß hinausgehen, als Beleidigung anzuzeigen, wird damit ein Riegel vorgeschoben.