201410.23
0

OLG Hamm, Beschluss vom 04.09.2014, Az.: 3 Ws 253/14 zur Statthaftigkeit der Beschwerde nach § 111i Abs. 3 StPO

Mit einem Beschluss vom 04.09.2014 hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden, dass gegen Entscheidungen nach § 111i Abs. 3 StPO das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft und Beschwerdegericht das Oberlandesgericht sei. Zu dieser Rechtsfrage hatte sich bisher nur das OLG Bamberg in NStZ 2010 348 inzidenter geäußert. Warum die Entscheidung im Ergebnis richtig, in der Begründung aber verfehlt ist, soll an dieser Stelle dargestellt werden.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Im Dezember 2013 wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft nach Anklageerhebung der dingliche Arrest in das Vermögen des Angeklagten in Höhe von knapp einer Millionen Euro angeordnet. Gestützt wurde die Anordnung auf den dringenden Verdacht eines gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 19 Fällen. Der Arrest wurde anschließend durch Pfändung von 2.580,00 EUR und eines Automatikchronographen samt Zubehör vollzogen.

Im März 2014 wurde der Angeklagte zu einer Gesamtheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Verfall von Wertersatz wurde nicht angeordnet. Das Gericht lehnte dies mit der Begründung ab, der Angeklagte habe durch die Tat zwar die Verfügungsgewalt über Maschinen im Wert von insgesamt fast einer Millionen Euro erlangt, die Anordnung des Verfalls stelle jedoch eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB dar, da lediglich die bereits gepfändeten Vermögensgegenstände in seinem Vermögen verblieben seien. Im Anschluss wurde der Arrestbeschluss aufgehoben.

Angeklagter und Staatsanwaltschaft haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Die Strafverfolgungsbehörde verfolgt damit das Ziel der Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO. Darüber hinaus hat sie Beschwerde gegen die Aufhebung des Arrestbeschluss eingelegt, der die Strafkammer nicht abgeholfen hat.

Soweit es für die hier zu besprechende Frage der Statthaftigkeit der Beschwerde von Bedeutung ist, führt das OLG aus:

Die Beschwerde ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässig; der beanstandete Beschluss ist der Anfechtung nicht entzogen (es folgen Literaturhinweise; d. Verfasser). Soweit teilweise vertreten wird, die Beschwerde gegen Entscheidungen nach § 111i Abs. 3 StPO sei nicht oder nur eingeschränkt statthaft, folgt der Senat dem nicht.

 Weiter heißt es:

Eine gesetzliche Regelung, die den Beschluss nach § 111i Abs. 3 StPO oder die Aufhebung des Arrestbefehls ausdrücklich der Anfechtung entzieht (vgl. § 304 Abs. 1 StPO) besteht nicht… Ein genereller Ausschluss des Beschwerderechts (in diese Richtung Karlsruher Kommentar/Nack, StPO, 6. Auflage, § 111i Rn. 18) ist damit nicht zu vereinbaren. Ebenso wenig ist die Beschwerdemöglichkeit je nach dem Inhalt der Entscheidung teilweise eingeschränkt, (dafür etwa Löwe-Rosenberg/Johann, StPO, 26. Auflage, § 111 Rn. 32; SK-StPO/Rogall, 4. Auflage, § 111i Rn. 32; wohl auch Karlsruher Kommentar/Spiellecke, StPO, 7. Auflage, § 111i Rn. 18).

Dazu ist anzumerken:

Der Entscheidung des OLG Hamm ist im Grundsatz zuzustimmen. Es findet sich keine gesetzliche Regelung, die den Beschluss nach § 111i Abs. 3 StPO ausdrücklich der Anfechtung entzieht, im Gegenteil: aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, wie das OLG zu Recht ausführt, dass der Betroffene im Beschwerdewege eine Korrektur des Beschlusses nach § 111i Abs. 3 StPO herbeiführen kann, vgl. BT Drucks 16/700 Seite 16.

Allerdings muss hinterfragt werden, warum sich das OLG dazu entschieden hat, in diesem Zusammenhang überhaupt Ausführungen zur Statthaftigkeit einer Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 111i Abs. 3 StPO zu machen. Der Entscheidung lag gar kein Fall des § 111i Abs. 3 StPO zugrunde. Der Gesetzgeber hat einen Aufrechterhaltungsbeschluss nach § 111i Abs. 3 StPO nur dann vorgesehen, wenn das Gericht zuvor nach Absatz 2 verfahren ist, also lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt hat, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Das Instanzgericht hatte gerade keine Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen, weshalb die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel der Revision eingelegt hat. Ihre Beschwerde richtete sich nicht gegen die Entscheidung nach § 111i Abs. 3, sondern die Aufhebung des Arrestbeschlusses nach §§ 111b Abs. 1, 2, 3, 111e StPO, siehe dazu Johann in Löwe-Rosenberg § 111f, 36. Eine solche Aufhebungsentscheidung ist nach einhelliger Auffassung mit der Beschwerde nach § 304 Absatz 1 StPO angreifbar.

Dass dem OLG dies im Kern wohl bewusst war, ergibt sich aus den Ausführungen, dass eine gesetzliche Regelung, die den Beschluss nach § 111i Abs. 3 StPO oder die Aufhebung des Arrestbefehls ausdrücklich der Anfechtung entzieht (vgl. § 304 Abs. 1 StPO) nicht bestehe. Es fragt sich dann allerdings, warum das OLG im Weiteren nicht hinreichend zwischen einer Beschwerde gegen eine allgemeine Aufhebungsentscheidung und einer Beschwerde gegen eine Fortdauerentscheidung nach § 111i Abs. 3 StPO differenziert hat.

Zur Klarstellung sei deshalb abschließend darauf hingewiesen, dass sich die Staatsanwaltschaft jederzeit gegen eine Aufhebungsentscheidung des Gerichts beschweren kann, unabhängig von § 111i Abs. 3 StPO.

Für den Betroffenen gilt, dass sich dieser mit der Beschwerde gegen den Aufrechterhaltungsbeschluss nach § 111i Abs. 3 StPO wenden kann. Soweit der Verfasser in der vom Oberlandesgericht zitierten Kommentierung darauf hingewiesen hat, dass eine Differenzierung der Rechtsbehelfsmöglichkeiten erforderlich ist, bezieht sich dies vor allem darauf, dass ein genereller Ausschluss der Beschwerdemöglichkeit, wie sie teilweise in der Literatur vertreten wird, vgl. Karlsruher Kommentar/Nack, StPO, 6. Auflage, § 111i Rn. 18, nicht in Betracht kommt.