BGH Beschluss vom 20.11.2013, Az.: 4 StR 338/13 –
In einem Beschluss von Ende vergangenen Jahres hat sich der Bundesgerichtshof erneut mit der Frage befasst, wie in sog. Altfällen mit dem neu gestalteten § 111i StPO umzugehen ist.
Das Landgericht hatten den Angeklagten wegen Betruges in 34 Fällen zu einer Haftstrafe verurteilt und festgestellt, dass wegen entgegenstehender Ansprüche von Verletzten nicht auf Verfall des Wertersatzes in Höhe von 20.000,00 EUR erkannt worden ist. Die hiergegen vom Angeklagten erhobene Revision hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof stellte fest, dass für Straftaten, die bereits vor Einführung des § 111i StPO zum 01.01.2007 beendet waren, eine Anwendung dieser Vorschrift ausscheide. Insoweit stehe § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB entgegen, es gelte das mildere Recht, das eine solche Feststellung nicht vorgesehen habe.
Diese Entscheidung passt sich nahtlos in die Reihe der Entscheidungen des BGH zur Anwendung des § 111i StPO ein, vgl. etwa BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 – 1 StR 535/08, NStZ-RR 2009, 56; Urteil vom 17. Juni 2009 – 2 StR 195/09; Beschluss vom 18. Dezember 2008 – 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242. Sie ist rechtsfehlerfrei und kommt auch nicht überraschend.
Aufmerksamkeit verdient der Beschluss jedoch deshalb, weil er aufzeigt, welche Anforderungen der BGH an die tatsächlichen Feststellungen zu § 111i StPO im Urteil stellt. Das Landgericht hat den Fehler begangen, dass es seine Feststellungen zu § 111i StPO nicht erkennbar auf solche Taten beschränkt hatte, die nach dem 01.01.2007 beendet wurden. Der BGH vermutete deshalb, dass das Landgericht auch die bereits beendeten Taten aus den Jahren 2004 und 2005 in die Entscheidung mit einbezogen und damit gegen § 2 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 StGB verstoßen hat.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zeigt, dass im Rahmen der Feststellungen nach § 111i StPO nach wie vor viele Fehler begangen werden können, die der Verteidigung Spielraum für ein erfolgreiches Rechtsmittelverfahren bieten.
Eher am Rande weist der Senat noch darauf hin, dass eine D von Tätern und Teilnehmern auch dann in Betracht kommt, wenn die Feststellungen in unterschiedlichen Urteilen getroffen werden. Voraussetzung hierfür sei, dass die Täter / Teilnehmer der Straftat zumindest Mitverfügungsgewalt an den aus den Taten erzielten Vermögenswerten hatten.
Diese Auffassung hat der BGH in einer Reihe vorhergehender Entscheidungen vertreten und ist damit in der Literatur auf Zustimmung gestoßen, vgl. hierzu Löwe-Rosenberg/Johann § 111i, 19 mit weiteren Nachweisen. Es bleibt spannend zu beobachten, wie der 5. Senat des BGH hierauf reagieren wird. Dieser hatte in einer Entscheidung aus dem Jahre 2012 formuliert:
Der Senat kann dabei offenlassen, ob bei Verfallsanordnungen oder Anordnungen nach § 111i II StPO eine gesamtschuldnerische Haftung ohne die ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung überhaupt in Betracht kommen kann…Denn im vorliegenden Fall liegen ihre Voraussetzungen, soweit die Rechtsprechung des BGH eine solche bislang zugelassen hat, nicht vor.
Es bestand deshalb durchaus die Möglichkeit, dass die bis dahin klare Auffassung zur Gesamtschuldnerhaftung ins Wanken geraten könnte. Dass der 4. Senat keine entsprechende Zweifel am Institut der Gesamtschuldnerhaftung im Strafrecht äußerst, spricht dafür, dass es auch in Zukunft zu entsprechenden Aussprüchen kommen wird.